Hubgetriebe im Satellitenpark - wofür ist das denn gut?

Warum es hierbei auf jeden Millimeter ankommt erfahren Sie jetzt

Philipp Schmalzhaf

von Philipp Schmalzhaf, Vertriebsleiter

26.09.2022

Hubgetriebe im Satellitenpark

Hubgetriebe im Satellitenpark – wofür soll das denn gut sein?

Ja, so könnte man tatsächlich denken, wenn man diese Story zum ersten Mal hört. Wie fing eigentlich alles an? Eines Tages klingelt das Telefon bei Philipp Schmalzhaf unserem Vertriebsleiter. Am anderen Ende, Mario Liebscher von unserem Vertriebspartner Max Lamb GmbH Co. KG. Mario Liebscher: „Wir haben hier ein Riesenprojekt, direkt vor unserer Haustür. Ein riesiger Satellitenpark. Über 30 Jahre alt. Die Höhenverstellung der Parabolspiegel mit einem Linearantrieb ist defekt und wir brauchen Ersatz. Der  Originalhersteller kann nicht mehr liefern. Könnt ihr sowas machen?“

„Ja, können wir“, war die spontane Antwort von Philipp Schmalzhaf, „wir haben in unserer langen Firmengeschichte schon etliche, sehr exotische Anwendungen realisiert. Und tatsächlich haben wir schon Hubgetriebe Antriebe für Parabolspiegel geliefert. Wie z. B. diesen hier in Australien sowie in Mexiko. Und jetzt also ein ganzer Satellitenpark mitten in Deutschland. Das klingt sehr spannend. Reden wir über die Details. Wann können wir das Ganze live vor Ort besichtigen?“

Was war die Herausforderung bei dieser sehr speziellen Anwendung?

Wenige Tage später waren wir vor Ort. Fühlten uns wie Zwerge, als wir die riesigen Satellitenschüsseln sahen. Gigantisch.

"𝗕𝗶𝗻 𝗼𝗯𝗲𝗻 𝗵𝗶𝗻𝘁𝗲𝗿 𝗱𝗲𝗺 𝗣𝗮𝗿𝗮𝗯𝗼𝗹𝘀𝗽𝗶𝗲𝗴𝗲𝗹 𝗴𝗲𝘀𝘁𝗮𝗻𝗱𝗲𝗻. 𝗨𝗻𝗳𝗮𝘀𝘀𝗯𝗮𝗿 𝘄𝗶𝗲 𝗿𝗶𝗲𝘀𝗶𝗴 𝗱𝗮𝘀 𝗮𝗹𝗹𝗲𝘀 𝗶𝘀𝘁. 𝗛𝗮𝗯𝗲𝗻 𝗱𝗼𝗿𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝗮𝗹𝘁𝗲 𝗚𝗲𝘁𝗿𝗶𝗲𝗯𝗲 𝗮𝘂𝘀𝗴𝗲𝗺𝗲𝘀𝘀𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗱𝗮𝘀 𝗮𝗸𝘁𝘂𝗲𝗹𝗹𝗲 𝗲𝗻𝘁𝘀𝗽𝗿𝗲𝗰𝗵𝗲𝗻𝗱 𝗱𝗲𝗿 𝗔𝗻𝗯𝗶𝗻𝗱𝘂𝗻𝗴𝘀𝗽𝘂𝗻𝗸𝘁𝗲 𝗻𝗮𝗰𝗵𝗴𝗲𝗯𝗮𝘂𝘁. 𝗧𝗼𝗹𝗹𝗲 𝗭𝘂𝘀𝗮𝗺𝗺𝗲𝗻𝗮𝗿𝗯𝗲𝗶𝘁." Originalzitat Philipp Schmalzhaf, unser Vertriebsleiter

Von Anfang an waren diese Anforderungen von Kundenseite klar:

  1. Der neue Antrieb muss exakt in die bestehende Konstruktion passen.
  2. Die Heizstäbe müssen genau dimensioniert sein, sonst wird das Öl verdampfen und das Getriebe frisst.
  3. Der letzte Antrieb hat über 30 Jahre gehalten. Diese Lebensdauer wollen wir jetzt auch erreichen.
  4. Versagt in der Kette zwischen Kopf und Getriebe auch nur ein Teil, kracht der ganze Schirm nach vorne. Um das zu verhindern, haben wir zusätzlich Federpakete eingebaut, um in diesem Fall die Fallenergie aufzunehmen.

Eine Menge Herausforderungen, aber lösbar. Doch in diesem Fall existierten keine Zeichnungen mehr. Nichts. Und das bedeutet: Wir müssen vor Ort alles sehr genau ausmessen. Wir haben alles detailliert ausgemessen und dokumentiert. Zurück in Sinsheim machten sich unsere Konstrukteure an die Arbeit. Für sie eine Riesenherausforderung: Einen Antrieb für die Verstellung eines Parabolspiegels zu konstruieren, der exakt in die bestehende Anlage vor Ort passt. Aber wie heißt es schön: Wir wachsen mit den Herausforderungen.

Allen war klar: Wir müssen sehr präzise sein, denn jeder Millimeter Abweichung im Hubgetriebe führt zu einer extremen Abweichung im All. Da stellt sich natürlich die Frage:

Wie lange haben wir an diesem Hubgetriebe konstruiert?

Nun, einen Antrieb mit etlichen Sicherheitsanforderungen und einigen Zukaufteilen zu konstruieren geht nicht über Nacht. Insgesamt arbeiteten die Konstrukteure 4 Wochen an diesem einzigartigen Projekt. Die anschließende Fertigung des Hubgetriebes noch einmal 2 Wochen. Also runde 6 Wochen vom Auftragseingang bis zur Auslieferung des ersten Antriebs. Ist das lange? Nein, angesichts der riesigen Dimension waren wir schnell.

Übrigens, eine Übersicht über unsere Produktpalette bei Hubgetrieben finden Sie hier.

Hubgetriebe MC 200

Reden wir über die technischen Details von diesem Hubgetriebe

Sie haben schon gemerkt, dieser Hubgetriebe Antrieb ist kein Antrieb von der Stange. Angesichts der Umgebungsbedingungen und des Gewichts der Satellitenschüssel mussten wir uns einige Besonderheiten einfallen lassen.

  1. Wir haben extra Einschraubheizkörper eingebaut, um das Fett im Winter gegen Einfrieren zu schützen.
  2. Wichtig bei der Verstellung ist die äußerst präzise Einstellung, weil jede kleinste Abweichung am Antrieb enorm viel Unterschied im All macht.
  3. Wir haben extra ein Federpaket für die ein- und ausgefahrene Position vorgesehen, damit der Satellitenschirm „soft“ aufgefangen wird, falls der Antrieb ausfallen sollte.
  4. Die Lackierung ist speziell für den Outdoorbereich gemacht.
  5. Das Umlenkgetriebe am Hauptgetriebe adaptiert den Servomotor und hat nicht nur eine Steckwelle für manuellen Betrieb (abgesichert über eine schaltbare Klappe), sondern auch eine angebaute elektronische Bremse von Mayr.
  6. Gegenüberliegend ist der Stromag-Endschalter, der die Endlagenabschaltung übernimmt.

Was noch interessant ist: Zur Montage unseres Antriebs musste extra ein Kran organisiert werden, der unser Hubgetriebe in diese luftige Höhe transportiert hat.

Montage Hubgetriebe mit Kran

Weitere technische Daten über dieses einzigartige Projekt sind:

Elevationsantrieb

max. stat. Belastung:

  1. Zug: 1119kN
  2. Druck: 641kN
  3. max. dyn. Belastung: Zug: 847kN
  4. max. Hubgeschwindigkeit: 12,5mm/sec.

Getriebeübersetzungen:

  1. Schneckengetriebe: 1:20
  2. Kegelradgetriebe: 1:2

Hub

  1. max. Hub zwischen Endschaltern: 4205-4305mm
  2. max. Hub zwischen Festanschlägen: 4319mm

Tragzahl:

  1. max. stat. Tragzahl Spindel: 3270kN
  2. max. dyn. Tragzahl Spindel: 1120kN

Hubspindel:

  1. Hubspindel:       SRFWZ99x20 (Rollengewindetrieb)
  2. Kopf:    KGK - Kugelgelenkkopf

Schmierung:

  1. Schneckengetriebe:            CLP ISO-VG 220
  2. Spindel/Mutter: Klüber syn GE 46 1200
  3. (Erstbefettung): Klüber syn PEG 46-121
  4. Verteilergetriebe: Alphasyn GS 22

Sonderausführungen:

  1. Rollengewindetrieb
  2. Umlenkgetriebe 2:1
  3. Bremse von Lenze
  4. Faltenbalg mit Adapter
  5. Anschraubkonsolen zur Aufhängung an vorhandenes Gebäude
  6. Druckfederpaket als Ausdrehsicherung
  7. Stromag-Endschalter ohne Abdeckung
  8. Einschraub- Heizkörper

Fazit: Was hat uns dieses einzigartige Projekt gebracht? Und wie profitieren unsere Kunden davon?

Zunächst einmal sehr viel Erfahrung. Und die Bestätigung, dass wir außergewöhnliche Anwendungen realisieren können. Und der Lohn: Es gibt Anschlussaufträge, weil noch mehr Getriebe ausgetauscht werden müssen.

Für unsere Kunden ist das ein gutes Signal. Wir können beides: Standard-Hubgetriebe und speziell entwickelte Lösungen in der linearen Antriebstechnik. Hinzu kommen kurze Reaktionszeiten und vor allem kurze Lieferzeiten, weil wir uns aus unserem gut ausgebauten Rohmateriallager bedienen können.

Was Kunden immer wieder fragen

Drehgeber können am Motor oder an der Schneckenwelle sitzen für eine permanente Überwachung.

Geht es nur um die Endlagen, können Endschalter die gewünschten Endlagen abfragen

In Hubzylindern verwenden wir auch oft Potentiometer, die dann einen gewissen Widerstandswert zurückspielen, den die Steuerung auslesen kann.

Beide Begriffe beschreiben die Fähigkeit einer Spindel bei Stillstand nicht von allein „loszurutschen“

Von statischer Selbsthemmung spricht man bei einem Steigungswinkel am Gewinde von 2,4°-4,5°. Im Stillstand rutscht die Spindel nicht von alleine los, aber aus der Bewegung kann es sein, dass die Spindel nicht von allein anhält

Von dynamischer Selbsthemmung spricht man, wenn zusätzlich aus der Dynamik ein Bremsvorgang entsteht. Steigungswinkel ist dann kleiner als 2,4°

Grundausführung: Die Spindel macht die Axialbewegung selbst.

Laufmutterausführung: Die Spindel steht immer im Raum, dreht sich aber. Auf der Spindel läuft dann die Mutter hoch und runter.

Höherer Wirkungsgrad, höhere Geschwindigkeiten, genaue theoretische Berechnung der Lebensdauer

Kundenseitig: der Kunde führt die Last, damit kann sie sich nicht mehr verdrehen. Wird die Spindel dann an der Last befestigt, kann auch die sich nicht mehr verdrehen

Getriebeseitig (Produkt hat selbst Verdrehsicherung): wir verwenden entweder eine Nut komplett durch die Spindel und als Gegenstück eine Passfeder. Alternativ kann hinten auf der Spindel auch ein 4kant-Block geschraubt werden und das Schutzrohr wird als 4kant-Rohr ausgeführt

Eine Verdrehsicherung ist immer notwendig. Durch die Gleitreibung im Gewinde würde die aufgelegte Last einfach mitdrehen und es findet keine Relativbewegung (lineare Bewegung) statt

Je höher die Axialkraft auf das Gewinde, desto höher auch die Reibkraft, da Fr=FN*µ

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Was sollten Sie bei der Auslegung von Hubanlagen beachten?

Sie haben sich für eine elektromechanische Hubanlage mit Spindelhubgetriebe entschieden? Dann kommt jetzt der nächste Schritt - Die Auslegung der Anlage

1. Prüfen Sie die statische/dynamische Belastbarkeit

Wenn Ihre Anlage bspw. eine Kraft von 7,5 kN halten und bewegen soll, ist das MJ2 Spindelhubgetriebe, welches bis zu 10 kN halten und bewegen kann, ausreichend. Bei der dynamischen Prüfung kommt die Leistungsgrenze mit ins Spiel. Ein MJ2 kann bei 20% Einschaltdauer/h bis zu 0,5kW vertragen.


2. Prüfen Sie die Knickkraft

Abhängig von der Spindellänge, dem Lagerungsfall und der Axialkraft kann es sein, dass die Spindel knickt. Besonders lange Spindeln sind dabei wesentlich anfälliger für entsprechendes Versagen. Die Knicksicherheit sollte zwischen 3...6 liegen. Die Prüfung auf Knickung erfolgt nach Euler oder Temajer.


3. Prüfen Sie die kritische Drehzahl für drehende Spindeln

Ebenfalls abhängig von der Länge ist die zulässige Spindeldrehzahl. Das gilt nur für Laufmutterausführung oder direkt angetriebene Spindeln. 𝙏𝙞𝙥𝙥: Erhöhen Sie die Spindelsteigung, dann können Sie die Spindeldrehzahl verringern.


4. Berechnen Sie die Lebensdauer für Kugelgewindespindeln

Im Gegensatz zu Trapezgewinden können Kugelgewinde theoretisch auf eine gewisse Lebensdauer ausgelegt werden. Verwenden Sie dafür die dynamische Tragzahl des Herstellers, sowie die Axialkraft und die Spindeldrehzahl.


5. Prüfen Sie die Selbsthemmung

Da Hubgetriebe häufig für Sicherheitsrelevante Anlagen eingesetzt werden, ist Selbsthemmung immer ein großes Argument. Der Grad der Selbsthemmung hängt von der Spindelsteigung ab. Liegt der Steigungswinkel über 4,5° haben Sie keine Selbsthemmung, bei 2,4° bis 4,5° erreichen Sie statische Selbsthemmung (also keine Bewegung aus dem Stillstand) und unter 2,4° erreichen Sie dynamische Selbsthemmung (Das System bremst selbst ab).


6. Tipps und Tricks für Geschwindigkeit, Einschaltdauer und Co.

Um Geschwindigkeit oder Einschaltdauerwerte zu erhöhen können folgende Maßnahmen umgesetzt werden

  1. Ölfüllung verwenden (Öl transportiert Wärme besser)
  2. Untersetzung verändern (Ist die Leistung zu hoch kann damit die Leistung reduziert werden ABER auch die Geschwindigkeit)
  3. Einsatz von Kugelgewinde (ein Wirkungsgrad von über 90% ermöglicht höhere Geschwindigkeit)
  4. Spindelsteigung erhöhen (Wirkungsgrad wird besser und höhere Geschwindigkeit)


Legen Sie mit uns gemeinsam die richtige Spindelhubanlage, Elektrohubzylinder, Schubkettenanlage aus. Kontaktieren Sie uns gerne.